Stand: 03.12.2008
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Ein Buch mit selbst hergestelltem Papiereinband (17KB)

Buntpapiere für Einbindearbeiten etc. herstellen

Der Inhalt der folgenden Seite zeigt den Prozess zur Herstellung von ölmarmoriertem und Kleister-Papier.

  1. Das Werkzeug
  2. Das Material
  3. Die Arbeitsgänge beim Marmorieren
  4. Die Kleistermalerei auf Papier

Buntpapiere für Einbindearbeiten herstellen

Hier wird nur der grundsätzliche Vorgang gezeigt, weil die Feinheiten und jahrelange Erfahrung nicht auf ein paar Bildschirmseiten wiedergegeben werden können. Diese Seiten behandeln die weniger aufwendige Technik mit Ölfarben und Kleisterbett und sollen als Anregung dienen, sich selbst spielerisch und experimentell mit der überlieferten Technik der Buntpapierherstellung zu befassen. Ein Trost zum Beginn: Es kann eigentlich kein Bogen so gründlich misslingen, dass man damit gar nichts anfangen kann.

Ist der verwendete Bogen groß genug, dann lässt sich marmoriertes Papier natürlich auch als Geschenkpapier verwenden. Hellere Reststücke eignen sich hervorragend als Etikett für Marmeladengläser und Co. Mit DIN A4-Papier steht auch der Herstellung von individuellem Briefpapier nichts im Weg. Narürlich sollten hierfür nur helle Farben in starker Verdünnung verwendet werden und eine besondere Technik.

Eines ist aber sicher!
Jeder Bogen ist ein Unikat!



Das Werkzeug

Das Werkzeug zum Marmorieren findet sich vielfach im Haushalt in Form von:

Kleinkram

Dazu rechne ich ausrangierte Zahnbürsten, langhaarige Pinsel, Zahnstocher, ein Stück alte Styroporverpackung, Tropffläschchen (Medizin), ... Just alles, was zu einem mehr oder minder gleichmäßigen Ausbringen von flüssiger Farbe und zum "Verrühren" derselben dienen kann. Lassen Sie Ihrer Phantasie vollen Lauf.

Die Leimwanne

Mit der Leimwanne könnte sich beim Suchen im Haus ein kleines Problem ergeben. Wenn Sie nämlich keine flache Schale finden, die etwa 10 cm breiter und länger ist als ihr größtes zu verarbeitendes Format. Es wurde oben schon darauf hingewiesen, dass jeder Bogen ein Unikat darstellt. Wenn Sie das auf ein Buch anwenden, dann heißt das, dass für ein DIN A4-Buch ein Format von DIN A2 für ein Bezugspapier von Vorder- und Rückendeckel gebraucht wird. Das bedeutet eine Wanne von 52 x 70 cm lichter Weite.

Wenn Sie so ein Gefäß zu Hause nicht finden, bauen Sie sich eines. Besorgen Sie sich eine kunststoffbeschichtete Spanplatte von eben diesen Maßen, 16 mm dick. Dazu Streifen aus wasserfestem Schichtholz (Schalplatten) von 5 cm Breite. Die Dicke d sollte mehr als 1 cm betragen. Zwei der Streifen müssen dann 52 cm und die beiden anderen 70 cm plus 2 mal Materialdicke als Länge haben. Nageln oder schrauben Sie die Streifen seitlich an die Grundplatte und dichten Sie die Kanten mit Silicon ab. Nach dem Abbinden des Silicons haben Sie eine Wanne nach Maß.

Das Material


Verwendbare Papiere


Aus gegebenem Anlass, hier ein paar Hinweise auf das von mir verwenderte Papier.

Grundsätzlich kann man bei entsprechend vorsichtigem Umgang ganz normales Kopierpapier von 80g/m² verwenden. Das Papier sollte nicht sonderlich geleimt sein und auch sonst keine Glättungsmittel wie Kreide enthalten. Völlig ungeeignet ist Kunstdruckpapier mit seiner extrem glatten Oberfläche, die beim Befeuchten aufquillt. Bei normalem Kopierpapier reißen nach dem Anfeuchten / Bearbeiten wegen der geringen Dicke gerne die Ecken ab, wenn man versucht das Papier vom Untergrund abzuheben.

Diese Neigung zum ganz normalen Schwund nimmt mit steigender Dicke des Papiers ab. Deshalb verarbeite ich gerne Papiere von 120 g/m² aufwärts. Natürlich kann man eine Qualität von 120 g/m² bis 200 g/m² mit gut saugender Oberfläche im Papierfachhandel oder beim Druckerfachbetrieb kaufen. Billiger kommen Sie davon, wenn Sie wie ich die Rückseite von großformatigen Jahreskalendern verwenden. Zum Marmorieren brauchen Sie eine gut saugende Qualität, die nicht vorgefeuchtet wird. Zur Kleistermalerei kann das Papier besser geleimt und damit nicht so saugfähig sein (Zeichenkarton für technische Zeichnungen) - zu diesem Zweck sollten Sie das Papier beidseitig leicht einfeuchten, damit es sich beim Bearbeiten mit dem wässrigen Kleister nicht wellt.

Der Kleister

Als Marmoriermedium dient bei dieser Technik eine verdünnte Lösung von Tapetenkleister. Verwenden Sie möglichst einen Kleister ohne irgendwelche Zusätze. Stellen Sie daraus eine sehr dünnflüssige Lösung her indem Sie ca. 10 Liter Wasser mit ca 3 - 5 Esslöffel Kleisterpulver vermischen und mehrfach mit der Hand sachte durchmichen. Blasenbildung vermeiden! Die Kleistermenge hängt von dessen Sorte und dem Alter ab. (Nicht Ihrem, sondern dem Alter des Kleisters.) Lassen Sie alles gut durchziehen, rühren Sie noch einmal gefühlvoll durch und gießen Sie dann den größeren Teil vorsichtig in die Wanne. Vermeiden Sie Blasen.

Ölfarben und Terpentinöl

Als Farben dienen bei dieser Technik handelsübliche Ölfarben wie zum Malen von Ölgemälden. Suchen Sie sich beim Händler die Farbtöne Ihrer Vorliebe aus. Pro Farbe brauchen Sie ein Tropffläschchen (10 - 20 ccm). Falls Sie keine alten Medizinfläschen haben, können sie neue in der Apotheke erwerben.

Zum Verdünnen der zähen Ölfarben brauchen Sie echtes Balsamterpentinöl. Die Regel sagt, dass altes Öl stärker treibt (= den aufgetropften Farbklecks verteilt) als junges. Sie sollten sich nach einem Malerbetrieb oder Fachhändler umsehen, der mit verschieden altem Terpentinöl dienen kann. Wenn das nicht gelingt, kaufen Sie im Jahresabstand neue Posten dazu und lagern Sie sie selber ein. Übrigens, es muss echtes Balsamterpentinöl sein und kein Terpentinersatz oder Waschbenzin oder Nitrolösung oder Universalverdünnung etc!

Drücken Sie jeweils etwas Farbe in ein Fläschchen und füllen Sie so viel Terpentinöl auf, dass eine leicht flüssige Farblösung entsteht. Es gilt folgende Grundregel:

Wenn ein aufgebrachter Tropfen absinkt statt zu schwimmen, dann ist entweder das Kleisterbad zu dünn oder die Farbe zu dick. Wenn der Tropfen sich nicht spontan ausbreitet ohne abzusinken, ist die Triebkraft zu gering (das Terpentin zu jung) oder das Kleisterbett zu dick.

Für griechisch oder türkisch Marmor brauchen Sie ein triebkräftiges Terpentin!


Die Arbeitsgänge beim Marmorieren

Jeder Bogen ist ein Unikat. - Das erklärt sich aus der Arbeitsweise.

Der Farbauftrag

Vor jedem neuen Farbauftrag wird die Kleisteroberfläche von Luftblasen und alten Farbresten durch Abziehen mit einem Streifen Zeitungspapier befreit.

Die Farbe wird nun durch Auftropfen, Aufsprühen (Zahnbürste + Daumen), Aufspritzen (langhaariger Pinsel) ... auf die saubere Kleisterfläche gebracht. Wenn die Farben richtig eingestellt sind, hat jede Farbe eine ausreichende aber nicht zu starke Triebkraft. Die Triebkraft kann durch Zusatz von frischem (geringe Triebkraft) oder altem (starke Triebkraft) Terpentinöl beeinflusst werden. Das Muster kann nun direkt oder nach "Verrühren" mittels Zahnstocher oder "Kamm" (= mehrere Zahnstocher in einem Stück Styropor) auf das Papier übertragen werden.


Papier auflegen und abnehmen

Halten Sie den Bogen an den Schmalseiten so, dass er leicht durchhängt und die eine Seite tiefer liegt als die andere. Setzen Sie die tiefer liegende Seite an den Rand der Wanne und rollen Sie den Rest des Bogens zügig und ohne Blasen zu verursachen auf die Kleisterfläche. Warten Sie ein paar Sekunden, bis sich das Muster der Farbe auf der Rückseite gut abzeichnet. Fassen Sie den Bogen dann mit beiden Händen an einer Schmalseite und ziehen Sie ihn von der Kleisterfläche nach oben, nicht seitlich ziehend, ab, um ihn sofort mit der Rückseite an eine schräg aufgestellte, vorgewässerte glatte Fläche (KS-Platte etc.) zu "klatschen". Beim Transport die nassen Bögen immer möglichst großflächig anfassen, Ecken und Ränder reißem gerne aus.
Hinweis: Statt eines DIN A2 - Bogens können auch zwei DIN A3 - Bogen nebeneinander verwendet werden.

Papier waschen und trocknen

Von dem so aufgebrachten Papier wird nun mittels Gartenschlauch der Überschüssige Kleister abgewaschen, das Papier danach abgezogen und auf einer waagrechten Fläche zum Trocknen aufgelegt.

 

Die Kleistermalerei auf Papier

Anders als beim Marmorieren ist das Ergebnis bei dieser Technik weitgehend beeinflussbar.
Hinweise zum Papier siehe oben.

Werkzeug und Kleinkram

Griffel für Kleistermalerei Spezielles Werkzeug braucht man nicht. Es reichen ein paar Pinsel in verschiedenen Größen und einige Holzstäbchen, die flach zugeschnitzt und dann schräg abgeschnitten werden (siehe Skizze: Spitze eines Griffels vergrößert)

Als Unterlage benötigt man eine abwaschbare Platte (KS-Spanplatte weiß), die etwas größer als das größte zu verarbeitende Format ist. Auch ein Malbänkchen ist nicht verkehrt, damit als gerade geplante Linien auch wirklich gerade werden. So ein Malbänkchen ist schnell aus einer geraden Holzleiste (1 cm dick und ca 5 cm breit) und zwei Vierkannthölzchen (2 x 2 cm Querschnitt 5 cm lang) zusammen geleimt. Die Länge richtet sich nach dem Papierformat, das in jeder Richtung mit dem Bänkchen überbrückbar sein sollte.


Farben vorbereiten

Als Farben dienen Wasser- oder Dispersionsfarben. Da diese Farben aber sehr konzentriert sind, verdünnt man sie mit einer Tapetenkleisterlösung oder Mehlkleister.

Untergrund vorbereiten

Drücken Sie den beidseitig vorgefeuchteten Bogen auf einer glatten Unterlage fest. Streichen Sie nun mit einem breiten Pinsel farblosen Kleister gleichmäßig auf. Kleister etwas einziehen lassen. Diese erste Kleisterschicht soll das Eindringen der Farbe in die Poren des Papiers verhindern.

Farbauftrag

Der Farbauftrag kann gleichmäßig, geradlinig, wellig, gestupft mit einem Borstenpinsel erfolgen. Der hinterlässt bereits seine Spuren in Form von einem Muster, bei dem sich kräftigere und hellere Bereiche abwechseln. Beim Stupfen kann sogar zwei- bis dreifarbig gearbeitet werden.

Das Blatt kann nun aber noch mit zusätzlichen Muster versehen werden, indem man mit Griffeln oder Zahnspachteln durch den farbigen Kleister zieht. Natürlich lassen sich auf diese Weise auch Rahmen setzen, Man muss nur vorher wissen, wie groß der Einbanddeckel werden soll.


Ausblick

Durch den unterschiedlichen Struktureinfluss der diversen Werkzeuge und durch Verwendung von farbigen oder selbst vorgefärbten Papieren ist das Ergebnis der Arbeit grenzenlos variierbar. Der besondere Clou sind mit einem dünnen Aquarellpinsel farbig nachgezogene Griffelspuren. Wer das mal mit zwei Farben (hell - dunkel) an gegenüberliegenden Rändern einer Griffelspur versucht, wird einen deutlichen 3D-Effekt bemerken, der durch den plastischen Kleisterauftrag bereits grundgelegt ist.

Hier finden Sie noch ein paar Beispiele für marmoriertes und Kleisterpapier:

gekämmter Marmor

gekämmter Marmor


gekämmt und frei mit Zahnstocher gezogen


Mit rotem Farbspray und altem Terpentinöl

Kleisterpapier mit Kammstrich

Kleisterpapier mit Rundpinsel zweifarbig gestupft



Literatur zum Thema:

Salmen,
René M,
Zauberhafte Papiere,
Marmorieren mit Ölfarben,
Frech-Verlag Stuttgart
Boeck,
Jos. Phileas,
Die Marmorirkunst,
Ein Lehr- und Handbuch,
Hartleben's Verlag Wien, Pest, Leipzig
Unveränderter Nachdruck nach der 2. Auflage 1896 - Edition "libri rari" im Verlag Schäfer Hanover,
(ISBN 3-88746-186-1)



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