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Überarbeitet und ergänzt September 2017, Oktober
2017

Übersicht:
1. Chemische und historische Hintergründe
2. Historische Eisen-Gallus-Tinten
2.1 Ein einfaches
Grundrezept
2.2 Weitere
historische Rezepturen
2.2.1
Ein andere Dinten
2.2.2
Ein andere
2.2.3
historische Instanttinte
2.3 Das
ganz exotische Rezept
2.4 Neue Rezepturen
2.4.1
Neutrales Schwarz und eine gute Schwärzung bringt dieses Rezept
2.4.2
Tinte von brauner Farbe
3. Dokumentenechte Tinte
4. Farbige Tinten
4.1 Rote
Tinte
4.2 Blaue Tinte
4.3 Gelbe Tinte
4.4
Grüne Tinte
4.5 Drachenblut
5. Tintenkiller
5.1 Abschwächer
für Eisen-Gallus-Tinten
5.2
Heutige Tintenkiller
6. Historische Geheimtinten
Disclaimer
Zusammenfassend für alle aufgeführten
Verfahren sei daran erinnert, dass beim Umgang mit Chemikalien die spezifischen
Sicherheitsvorschriften einzuhalten sind. Dazu gehört auch das Studium
der Sicherheitsdatenblätter, die man im Internet findet oder vom Lieferanten
der Chemikalien bekommen kann. Bei gesundheitsgefährdenden Stoffen sind
Schutzkleidung, -Brille und -Handschuhe angebracht. Selbstredend darf
während dem Umgang mit gefährlichen Stoffen nicht gegessen, geraucht oder
getrunken werden. Wer die nachfolgenden Versuche durchführt, tut dies
auf eigene Gefahr. Der Autor übernimmt keine Haftung für unmittelbare
Schäden oder Folgeschäden jedweder Art.
1. Chemische und historische Hintergründe

Abb. 1: Türkische Galläpfel; das linke Exemplar (Vergleich
mit einer 1Cent-Münze) hat 1,5 cm Durchmesser und wiegt 2,55g
Seit dem 3. Jahrhundert vor Christus ist die Herstellung einer schwarzen
Tinte aus dem in Pflanzengallen (Galläpfeln) enthaltenen Gerbstoff
und Eisensulfat bekannt. Die in pflanzlichen Gerbstoffen enthaltenen Tannine
und Gallussäuren werden durch einlegen in Wasser und anschließendes
Auskochen gewonnen. Neben den an Eichenlaub wachsenden Galläpfeln
sind noch weitere Pflanzen Lieferanten von Gerbstoffen z. B. Eichenrinde,
Rinde von Ulme und Schwarzerle, grüner Tee, Walnussblätter,
Blutwurz sowie die die Blätter und äußeren Schalen der
Edelkastanie. Sie alle enthalten Gallotannine, die wasserlöslich
sind und daher wie oben erwähnt gewonnen werden können. In den
überlieferten Rezepturen aus dem Mittelalter werden daneben auch
Erlenknospen genannt. Heute kann man Gerbsäure und Gallussäure
im Farben- oder Chemiehandel kaufen. Wer es aber gerne absolut authentisch
("a") haben möchte, der muss auf selbst hergestellte Pflanzenauszüge
zurückgreifen.
Der zweite Bestandteil, das Eisen(II)-Sulfat-Heptahydrat
kann aus Eisennägeln oder besser Eisenfeilspänen und verdünnter
Schwefelsäure hergestellt werden. Dazu gibt man so lange Eisenspäne
in die 20%-ige Säure, erhitzt, und wartet bis keine Gasentwicklung
(Wasserstoffgas!) mehr festzustellen ist. Dann wird noch im heißen
Zustand abgefiltert. Im Filtrat bilden sich bereits beim Abkühlen
hellblaue Kristalle, die sich an der Luft zunehmend gelb und schließlich
braun verfärben. Die Verfärbung ist auf die Oxidation von zwei-
zu dreiwertigem Eisen zurückzuführen. Je nach gewünschtem
Verhalten der Tinte ist eine entsprechende Qualität des Eisensulfats
einzusetzen. Die Verwendung von frischem Vitriol oder wie in alten Quellen
genannt Vietril, ergibt eine Tinte, deren Färbung erst nach einer
gewissen Zeit einsetzt. Strebt man eine von vorn herein schwarze Tinte
an, dann sollte älteres Vitriol verwendet werden. Eine "Auffrischung"
und damit Beseitigung des bräunlichen Tons ist durch Zugabe einiger
Tropfen Schwefelsäure an die wässrige Lösung machbar.

Abb. 2: Eisenfeilspäne (unbedingt fettfrei!) Zur Herstellung von
Eisen(II)-Sulfat

Abb. 3: Gekauftes Eisen(II)-Sulfat das schon lange liegt und daher
zum großen Teil bereits oxidiert ist
Tipp: Akkumulatorensäure für Bleiakkus hat eine
Konzentration von 37%. Etwas weniger als 1:1 mit Wasser verdünnt
kann die technische Säure zur Herstellung von Eisensulfat dienen.
Aber Achtung: Die Säure stets in kleinen Portionen ins das Wasser
einrühren, niemals umgekehrt! Selbstverständlich sollte
das Tragen von Schutzbrille und Schutzhandschuhen sein. Spritzer von Schwefelsäure
hinterlassen hässliche Löcher in Kleidung, allen organischen
Stoffen also auch in menschlicher Haut!
Werden Gerbsäurelösungen und Eisen(II)vitriollösung gemischt,
dann entsteht ein farbloser Eisen-Gallus-Komplex, der sich durch Oxidation
durch Luftsauerstoff schwarz färbt. Dabei wird das Fe2+ in
Fe3+ übergeführt. Der Grund, weshalb einer Tinte,
die mit frischem Vitriol hergestellt und unter Luftabschluss gelagert
wurde ein weiterer färbender Zusatz untergemischt wurde, ist ganz
einfach der, dass der Schreiber sonst die Schrift mit der nahezu wasserklaren
Tinte schlecht sehen konnte. Derlei Tinten werden auch heute noch zum
Unterschreiben wichtiger Dokumente benutzt. Die wässrige Lösung
dringt in das Papier ein, bevor die Schwarzfärbung eintritt. Diese
findet dann nicht nur an der Oberfläche statt sondern auch in tieferen
Schichten der Papierfasern. Das macht die Schrift nahezu unauslöschlich.
Findet die Oxidation bereits vor dem Auftrag auf das Papier oder Pergament
statt, erhält man eine von vorn herein schwarze Schrift, die aber
weitgehend an der Oberfläche verbleibt. Je mehr dreiwertiges Eisen
bei der Herstellung der Tinte enthalten ist, desto schwärzer gerät
sie von Anfang an.
Ach ja, weiter unten brauchen wir noch den Anteil
von metallischem Eisen im Eisen(II)-Sulfat Heptahydrat. Nach Befragen
des PSE (Periodensystem der Elemente) und ein wenig Artithmetik ergibt
sich die molare Masse zu 277,1 g. Davon sind 55,8 g metallisches Eisen.
Anders ausgedrückt in einem Gramm Eisenvitriol sind 0,2 g Eisen enthalten.
Weitere Zusätze zu gut verarbeitbaren Tinten sind Gummi Arabicum
als Bindemittel und zum Verbessern der Fließeigenschaften, Salz
und Essig als Konservierungsmittel und Alaun um Ausflockungen zu verhindern.
In manchen Rezepten wird auch Bier, Wein oder Ethanol zugesetzt. Gummi
Arabicum und diverse weitere exotische Harze kann man von der Firma
Kremer Pigmente beziehen wie auch die meisten anderen Zutaten.
 
Abb. 4: Gummi arabicum Stückchen und Alaunkristalle rechts

Abb. 5: Tanninpulver links und Gallussäurepulver
Leider kann man nicht so ohne weiteres den Gehalt an Gallussäure
im Galläpfelsud bestimmen. Laut Wikipedia
sollen in Galläpfeln ca 60% Gerbstoffe und Tannine enthalten sein.
Das würde pro Gramm Gallapfelgranulat also etwa 0,6 g Tannin entsprechen.
Anders herum gerechnet, entspricht 1g Tannin einer Menge von 1,67g Galläpfeln.
2. Historische Eisen-Gallus-Tinten
Bei meinen Recherchen bin ich auf vielerlei Rezepturen gestoßen,
von denen hier einige wiedergegeben werden seien.
2.1 Ein einfaches Grundrezept
Es steht so in "Artliche
Künste weise Dinten und allerhand Farben zubereiten..., Erffurdt
1532"

Das Rezept umzusetzen bedarf es einiger zusätzlicher Informationen.
1 mas entsprach zu jener Zeit wohl etwa 1,67 Liter, eine Kanne 0,94 Liter.
Ein Nösel entspricht im Durchschnitt 0,45 Liter. Die Angaben für
1 Loth weichen regional ebenfalls etwas von einander ab. Auf die Gegend
um Sachsen herum bezogen, entspricht das einer Masse von ca. 14,6
Gramm. Ein Quentlein (Quentchen, Quintin...) ist 1/4 Loth also 3,65 Gramm.
Zwei Loth sind 1 Unze, was 29,2 Gramm entspricht. Die Angaben, welche
man dazu findet sind leider oft unvollständig oder weichen stark
voneinander ab.
Türkische Galläpfel von der Firma Kremer haben das Stück
etwa 2,5 g bei einem Durchmesser von ca. 1,5 cm. Bei der letzten Lieferung
waren bedeutend größere Exemplare dabei. Die getrockneten Gallen
sind sehr hart so dass es eines Hammers zum Zerkleinern bedarf. Gut geeignet
sind auch die massiven Mörser aus Granit aus dem Chinaladen.
Die Herstellung des Eisenvitriols wurde weiter oben
bereits beschrieben. Natürlich wird wohl niemand die in diesem und
den anderen Rezepten angegebene Menge zum Ausprobieren ansetzen wollen.
Deshalb habe ich für die (freie) Übersetzung des Textes aus
dem ersten Rezept alle Maßangaben mit dem Faktor 0,025 multipliziert.
Alles zusammen ergibt sich nach dem Filtern ein Volumen von ca. 50 cm³.
Versuche nach verschiedenen Zeiten der Fertigstellung zeigten stets
ein sehr gutes Ergebnis auf diversen Papiersorten. Dabei spielte es
keine Rolle, ob die Tinte offen oder gegen Umgebungsluft abgeschlossen
aufbewahrt wurde. Grundsätzlich ergab sich eine fast sofort einsetzende
Schwärzung auf Recyclingpapier während dieselbe auf glattem,
weißem Papier wesentlich mehr Zeit in Anspruch nahm.
Geräte:
- 1 Kunststoffbecher oder eine alte Tasse zum Anmischen der Flüssigkeiten
- 1 Rundkolben 50ml hitzefest
- 2 Reagenzgläser
- 3 Gummistopfen
- Trichter
- Mörser
- Filterpapiere (Kaffeefilter)
- Latexhandschuhe
Material
- Wasser (destilliert) 21cm³
- Wein 16cm³
- Essig 16cm³
- Galläpfel 2,5g
- Eisenvitriol 1,7g
- Gummi arabicum 1,7g
- Schwefelsäure ein paar Tropfen
In den Rezepten ist oft von Regenwasser die Rede. Gemeint ist damit weiches
Wasser ohne Kalk und Mineralienanteil. Ich ersetze es durch Deionat, das
ist das "destillierte" Wasser, das man zum Befüllen von
Dampfbügeleisen und der Gleichen verwendet. Ob Regenwasser, gerade
in Städten, heute so sauber ist, dass es mit Deionat konkurrieren
kann, ist zumindest zweifelhaft. Im Kunststoffbecher mische also Wasser,
Wein (weiß oder rot spielt keine Rolle) und Essig (nomaler Haushaltsessig,
keine Essigessenz!). Die Hälfte davon (26cm³) kommt in das hitzefeste
Gefäß, jeweils die Hälfte vom Rest gieße in je ein
Reagenzglas oder ein anderes kleines Fläschchen. Metallgefäße
sind für den Zweck unbrauchbar! Nachdem die Gefäße abzudecken
sind, sollte man passende Deckel oder Korken bereit halten.
Durchführung
Im Mörser werden die Galläpfel zerkleinert. Das Sieben kann
unterbleiben, da wir nicht durch ein Tuch abseihen sondern filtern und
damit auch die feinsten Partikel zurückhalten können. Die zerkleinerten
Galläpfel kommen in das hitzefeste Gefäß. Verschluss drauf-
durchschütteln.

Abb. 6: Gummilösung, Galläpfel und Eisensulfat in der Wasser-Wein-Essig-Mischung
Das Eisensulfat kommt in eines der Reagenzgläser. Evtl. 3-4 Tropfen
Schwefelsäure hinzufügen (steht nicht im Original-Rezept), Verschluss
drauf, schütteln, bis sich alles gelöst hat. Die Schwefelsäure
sorgt dafür, dass bereits oxidiertes Eisen(II)sulfat, das sind die
braun verfärbten Stellen, wieder reduziert werden. Je mehr bräunliches
Material in die Brühe kommt, desto schwärzer ist der Auftrag
sofort beim Schreiben. Allerdings fällt dann beim längerren
Lagern auch eher und mehr Bodensatz aus.
Liegt das Gummi arabicum nicht in Pulverform (für Lebensmittel)
sondern in körniger Form vor, dann sollte man diese Brocken auch
möglichst zerkleinern. Portionsweise ins letzte Reagenzglas füllen
und jeweils schütteln. Zukorken und alle drei Gefäße an
einem warmen Ort beiseite stellen.
Alle drei Gefäße, vor allem den Gallenansatz, mehrmals täglich
durchschütteln.
Nach 3-4 Tagen wird der Gallenansatz bis kurz vor dem Sieden erhitzt.
Er soll gut warm werden aber nicht sieden. Es ist keine Zeitdauer dafür
angegeben aber ich halte den Ansatz ca. 10 Minuten gut warm. Danach wird
in ein sauberes Glas heiß abfiltriert und in dieses Gefäß
auch der Inhalt der beiden Reagenzgläser geschüttet und gut
durchgerührt.
  
Abb. 7: Sieden im hitzefesten Rundkolben, Filtern und fertige Tintenmischung
Die Mischung bleibt 3 Tage (abgedeckt) stehen und wird immer mal wieder
geschüttelt oder gerührt. Am vierten Tag wird noch einmal gefiltert
und luftdicht abgefüllt.
Der Autor der ursprünglichen Fassung empfiehlt den ersten Filterrückstand
mit einer halben mas wassers aufzugießen und für die nächste
Zubereitung aufzubewahren. Wer also vor hat, das gleiche Rezept ein weiteres
Mal anzusetzen gibt den Filterrückstand in ein Fläschchen und
füllt 21 cm³ Wasser auf.

Abb. 8: Schriftprobe auf gutem, weißem Papier (oben) sowie auf
Recyclingqualität in jeweils 1-minütigem Abstand zwischen den
Zeilen. Die jeweils 4. Zeile entstand zum Schluss.
,Anhand der Schriftproben ist gut zu ersehen, dass bereits nach einer
Minute eine gute Schwärzung erreicht ist. Nach zwei Minuten ist die
Reaktion mit dem Luftsauerstoff nahezu abgeschlossen.
In Anlehnung an Rezept 1 habe ich einige Ergänzungen zur
Verbesserung vorgenommen. Der Gerbstoffanteil wurde durch Hinzufügen
von 0,5g reiner Gallussäure erhöht. Auch wurde der Eisenanteil
um 1g Eisenvitriol angehoben. Zur Schonung von Stahlfedern wurde dem Ansatz
ferner 0,5g Kupfer-(II)-Sulfat hinzugefügt. Die Feder wird dadurch
automatisch verkupfert und kann so von der, in der Tinte enthaltenen Säure
nicht mehr angegriffen werden.
Um die Haltbarkeit zu erhöhen, kann man als Konservierungsmittel
Salicylsäure oder besser ein Salicylat in geringer Menge zusetzen.
Da Salicylsäure schlecht wasserlöslich ist, setzt man diese
am besten vorher mit Kaliumcarbonat (Pottasche) oder Natriumhydrogencarbonat
(Backsoda) zum Salicylat um. Zu diesem Zweck werden 1,38g Salicylsäure
und 1,56g Kaliumcarbonat-Monohydrat in etwa 10cm³ Wasser zur Reaktion
gebracht. Unter leichter Gasentwicklung (CO2 entweicht) entsteht
Kaliumsalicylat, welches gut wasserlöslich ist. Von der klaren Lösung
wird ca. 1cm³ dem Tintenansatz hizugefügt.
2.2 Weitere historische Rezepturen
2.2.1 Ein andere Dinten
Es steht so in "Artliche
Künste weise Dinten und allerhand Farben zubereiten..., Erffurdt
1532"

In heutigem Deutsch geht's so:
- Wasser 1,6 Liter
- Eisensulfat190g
- Wasser 1,6 Liter
- Galläpfel 190g
- Essig 2 mal 1Glas
- Gummi arabicum 60 g
Fülle 1,6 Liter reines Wasser in eine Flasche und gib 190g Eisensulfat
dazu. Verschlossen drei Tage rasten lassen und 3 bis 4 mal umrühren
oder durchschütteln nicht vergessen. In ein hitzefestes Gefäß
- Emailliert oder Glas, keine metallene Oberfläche - kommen 1,6 Liter
reines Wasser und 190 g zermörserte Galläpfel. Erhitze bis zum
Sieden und lasse etwa ein Finger tief Wasser verdampfen. Acht geben, es
kocht leich über! Danach gieße durch ein wollenes Tuch in ein
neues glasiertes Gefäß ab und füge ein Glas Essig hinzu.
Den Filterrückstand wegwerfen und zum Filtrat etwa 60g klein gestampftes
Gummi arabicum hinzufügen, umrühren, bis alles aufgelöst
ist. Nach dem erneuten Filtern durch ein wollenes Tuch, gieße zum
Schluss ein Glas Essig in das Tuch und drücke es aus. Abkühlen
lassen und in eine Flasche füllen, verkorken. Bei Bedarf gleiche
Mengen aus den beiden Flaschen vermischen ergibt gute Tinte.
Der Ansatz über 2 getrennt aufbewahrte Komponenten hat den Vorteil,
dass dem Ausflocken entgegengewirkt wird. Ferner kann man wohl davon ausgehen,
dass durch das Schütteln der Vitriollösung Sauerstoff aufgenommen
werden soll, was einen Teil des Eisens oxidiert und somit sofort eine
schwärzende Tinte ergibt. Unklar bleibt, weshalb ein wollenes Tuch
zum Filtern verwendet wird.
An verschiedenen Stellen in manchen Quellen wird dringend angeraten,
keine glasierten Gefäße zu verwenden. Der Hintergrund dürfte
sein, dass die Glasuren oft bleihaltig waren und in Verbindung mit den
in der Tinte enthaltenen Säuren somit Blei und andere Schwermetalle
aus der Glasur gelöst wurden. Das kann den Tintenansatz verdorben
haben.
2.2.2 Ein andere
Es steht so in "Artliche
Künste weise Dinten und allerhand Farben zubereiten..., Erffurdt
1532"

- Bier 0,8 Liter
- Galläpfel 15g
- Eisensulfat (Eisenvitriol) 60g
- Gummi arabicum 60g
- Kalialaun Messerspitze
In 0,8 Liter billigem Bier werden 15 Gramm zerkleinerte Galläpfel
gekocht bis die Lösung leicht rötlich wird. Vor einem erneuten
Aufsieden werden 60 Gramm zerkleinertes Eisenvitriol hinzugefügt.
Vom Herd nehmen und 60 Gramm Gummi arabicum sowie eine erbsengroße
Menge Alaun unter rühren dazugeben. Bis zum Erkalten durchrühren.
Hier fehlt wohl das Filtern des Gallapfelsuds. Außerdem werden
keine Wartezeiten bis auf das abschließende Rühren angegeben.
Entscheidend ist hierfür nicht unbedingt das Erkalten, sondern das
vollständige Auflösen des Gummieintrags.
Rezepturen wie die drei angeführten gibt es vielerlei. Sie variieren
etwas in der Bemessung der Zutaten und in der dafür aufgewandten
Zeit. Beim Durchsehen der verschiedenen Quellen fällt aber auf, dass
sich gewisse Zubereitungssvorschriften, zwar nicht im direkten Wortlaut,
so doch daran stark angelehnt sowie im Inhalt und den Zutatenmengen wiederholen
(siehe weiter unten).
2.2.3 historische Instanttinte
Eine weitere interessante Quelle ist "Kunstbüchlein,
wie man auff Marmelstein, Kupffer, Messing..., Helmreich Andreas, Halle
1621". Hier findet sich ein Rezept zur Herstellung von Instanttinte.

Ein Versuchsansatz könnte lauten auf (die Einheit Pfund wird auf
Gramm reduziert):
- 6g Galläpfel (hier ersetzt durch 3,6g wasserlösliches Tannin
(Kremer))
- 4g Eisenvitriol (kristallin (Kremer)) entsprechend 0,86 g metallisches
Eisen
- 2g Gummi arabicum (Pulver, Lebensmittelhandel Internet)
- 1g Alaun (kristallin (Kremer))
- 1g Weinstein (Weinstein - Kaliumtartrat/Natriumtartrat, kristallin,
Apotheke)
- 0,5g Salpeter (Kaliumnitrat feinkristallin, Apotheke, Internet (Pökelsalz))
Die Zutaten werden, falls sie nicht bereits in feiner Form vorliegen
getrennt im Mörser zerrieben, vermischt und in ein luftdicht abschließbares
Gefäß zur Aufbewahrung gebracht. Eine Schachtel ist meines
Erachtens ungeeignet, da Eisen(II)-Sulfat an der Luft schnell unter Wasserabgabe
zu Eisen(III)-Sulfat oxidiert. Damit das Pulver möglichst rückstandslos
aufgelöst werden kann, wird der Gallusanteil durch Tannin (Kremer)
ersetzt. Weil Galläpfel ca. 60% Gerbstoffe enthalten, ergibt sich
eine Menge von 3,6g. Der im Original genannte Weinstein, das Kaliumsalz
der Weinsäure, ist in Wasser schlecht löslich, wenn es sich
um die Kristalle handelt, die sich gern in Weinflaschen am Boden oder
am Korken absetzen. Hier handelt es sich um Kaliumhydrogentartrat uhnd
Calciumtartrat. Zu verwenden sind Kaliumtartrat oder Natriumtartrat oder
eine Mischung daraus, die alle gut wasserlöslich sind. Weil keine
weitere Spezifizierung für Salpeter angegeben ist, wird Kalisalpeter
= Kaliumnitrat (Pökelsalz) verwendet, der im Gegensatz zu Ammoniumnitrat
und Natriumnitrat nicht hygroskopisch ist. Wird die gesamte Mischung in
140cm³ Flüssigkeit aufgelöst, dann entspricht der Ansatz
in etwa dem von Rezeptur Nummer 1.
Ein Test der Mischung ergab gleich nach der Auflösung in kaltem
Weißwein (12% Alc) eine recht helle Flüssigkeit, die ralativ
schnell nachdunkelte. Die Tinte ließ sich auf sehr glattem, weißem,
dickerem Papier ebenso wie auf 80g-Recyclingpapier gut randscharf mit
einer Blattfeder schreiben. Der Deckungsgrad während des Schreibens
ist sehr minimal und nur im Gegenlicht zu erkennen. Ein weiteres Anfärben
der Lösung ist daher in Erwägung zu ziehen. Allerdings dunkelt
der Auftrag relativ schnell nach und erreicht nach 3 Minuten bereits fast
die volle, endgültige Deckung. Für eine Schnelllösung geeignet,
aber für optimalere Ergebnisse ist das erste Rezept auf dieser Seite
auch die erste Wahl, auch wenn die Zubereitung wesentlich länger
dauert.

Abb. 9: Die Schriftprobe lässt erkennen, dass die Schwärzung
nach 1 Minute bereits sehr gut ist während der frische Auftrag noch
sehr transparent erscheint
2.3 Das ganz exotische Rezept
Ein sehr eigenwilliges Rezept einer Tinte fand ich in "Kunstbüchlein,
wie man auff Marmelstein, Kupffer, Messing..., Helmreich Areas, Halle
1621". Ich überlasse es dem geneigten Leser, den Originaltext
selbst ins Neudeutsche zu übertragen.

Aufgabe: Überprüfe Gallus- und Vitriolgehalt und stelle eine
volumenmäßig reduzierte Probe her. Übertrage das Rezept
ins Neudeutsche.
2.4 Neue Rezepturen
Auf der Suche nach neuen Rezepturen mit spezifischen Eigenschaften bin
ich durch Versuche auf folgende Zusammensetzungen gestoßen.
2.4.1 Neutrales Schwarz und eine satte Schwärzung
bringt dieses Rezept
1,8g möglichst reines Eisen-(II)-Sulfat werden in 12 ml
destilliertem, heißem Wasser gelöst. Falls sich die Lösung
durch das Erhitzen bräunlich verfärbt, kann dies durch Zugabe
von einigen Tropfen Schwefelsäure rückgängig gemacht werden.
In diese Lösung werden dann auch noch 0,25g Alaun eingebracht
und umgerührt bis sich alles gelöst hat.
In einem zweiten feuerfesten Glas werden 1,4g Tannin und 1,0g
fein zerstoßenes Gummi Arab. in 12 ml desilliertem Wasser
unter Erhitzen bis knapp unter dem Siedepunkt durch Rühren aufgelöst.

Die beiden Lösungen werden zusammen geschüttet und nach einer
Standzeit von einigen Tagen abfiltriert. Die Verwendung eines Büchnertrichters
und einer zur Saugpumpe umgebauten Aquarienpumpe hat sich dabei als sehr
nützlich herausgestellt. Die Schriftprobe bringt eine rasche Schwärzung
in neutralem Schwarz. Ausfällungen treten auch bei langer Lagerung
kaum auf. Ähnlich wie in Rezept 2.2.1 können die Lösungen
aber auch getrennt aufbewahrt und erst vor dem Einsatz zusammengeführt
werden. Der Vorteil des Verfahrens liegt vor allem in der kurzen Zubereitungszeit.

Filternutsche mit Aquarienpumpe, darauf vorn eine Filterscheibe
2.4.2 Tinte von brauner Farbe
Eine Tinte von brauner Farbe, die aber nicht durch Holz-, Beeren- oder
andere Auszüge pflanzlichen Ursprungs hergestellt wird, enthält
neben Tannin und Gummi Arab. anstelle von Eisenvitriol Kupfer-(II)-Sulfat-Pentahydrat.
Aus diesem Grund steht dieses Rezept auch nicht im Kapitel "farbige
Tinten".
Zutaten:
| Stoff |
Menge |
Bemerkung |
| Gummi Arabicum |
1,5 g |
fein gestoßen |
| Wasser deionisiert |
8 g |
erhitzen |
| Tannin |
1,0 g |
pulverförmig |
| Wasser deionisiert |
8,0 g |
erhitzen |
| Kupfer-(II)-Sulfat |
1,8 g |
|
| Wasser deionisiert |
10 g |
erhitzen |
| Wasser deionisiert |
ad 30 ml |
|
Ansatz:
Gummi Arabicum wird fein gestoßen und in 8g deionisiertem Wasser
unter Erhitzen und ständigem Rühren gelöst. Es werden weitere
8ml Wasser zugesetzt und wieder unter Rühren und Erhitzen das Tannin
gelöst. In einem zweiten Becherglas löst man auf gleiche Weise
das Kupfersulfat. Die Lösungen werden zusammengeführt und auf
30ml mit destilliertem Wasser aufgegossen - fertig.

Mit der Glasfeder bleibt die Schrift braun
Die Farbintensität nach schwarz hin kann man durch ganz vorsichtige
Zugabe (tropfenweise) von Eisensulfatlösung steigern. In einem ersten
Versuch stellte sich durch Zugabe von 5ml 7-prozentiger Eisenvitriollösung
bereits tiefes schwarz ein.
Wie in Rezept 2.1 am Ende bereits angemerk, werden Stahlfedern durch
das enthaltene Kupfersulfat verkupfert und so vor Säureangriffen
geschützt.

Die Schriftprobe mit der gleichen Tinte und der Stahlfeder weist bereits
einen starken Schwarzton auf
3. Dokumentenechte Tinte
Unter diesem Begriff versteht man Tinten, die nicht durch bestimmte chemische
Reaktionen (siehe Tintenkiller) unsichtbar gemacht oder entfernt werden
können. In diese Kategorie fällt auch die Eisen-Gallus-Tinte.
Weil der eigentlich farbgebende Prozess nicht bereits vor dem Auftrag
der Tinte auf das Papier stattfindet sondern erst nach dem Auftrag und
dem Einziehen der Tintenlösung in die Papierfasern, bleibt die Tinte
auch nicht nur auf der Oberfläche haften, von der sie leichter zu
entfernen wäre
Aus dem Jahr 1933 gibt es eine amtliche Vorgabe betreffend die Eigenschaften
von dokumentenechter Tinte. Danach muss im Liter mindestens 27 g Gallussäure
und zwischen 4 g und 6 g metallisches Eisen enthalten sein. Es dürfen
sich keine Niederschläge in Pulver- oder Blättchenform bilden
und die Tinte muss leicht aus der Feder fließen und darf nach dem
Antrocknen nicht kleben.
Das Rezept Nummer 1 erfüllt schon mal die letzten drei Forderungen.
Selbst nach einem halben Jahr bildete sich im dicht verschlossenen Schraubglas
kein Niederschlag. Das Rezept fordert auf 53 cm³ Flüssigkeit
1,7 g Vitriol was einer Menge von 32 g pro Liter entspricht. Darin enthalten
sind dann 6,4 g metallisches Eisen. Mithin liegt die Menge knapp über
der Vorschrift von 1933.
Das Rezept Nummer 1 verwendet 2,5 g Galläpfel auf 53 cm³ Flüssigkeit.
Auf einen Liter hochgerechnet wären das ca. 47 Gramm Galläpfel
enthaltend 28 g Tannin. Das sind ca. 60%. Somit entspricht auch das der
Vorschrift.
Nach diesen Überlegungen erstellen wir jetzt eine neue Rezeptur
aus zeitgemäßen Zutaten. Con algo hay que empezar, ich beginne
mit dem Gerbstoffanteil:
- 1,5 g Gallussäure
- 0,5 g Tannin
Das sind 2 g von den geforderten 27 Gramm was den Faktor 0,07407 ergibt
und einer Flüssigkeitsmenge von 74 cm³ entspricht. Um auf 6
Gramm Eisen pro Liter zu kommen muss man ca. 28 g Eisensulfat einsetzen
und mit 0,07407 multipliziert ergibt das rund 2g Vitriol. Die molare Masse
von Eisen(II)-Sulfat-Heptahydrat ist 261,9 g, die von Eisen 55,8g. Das
ergibt einen Umrechnungsfaktor von 55,8g/261,9g = 0,2138 oder umgekehrt
4,68. Die Flüssigkeit wird zusammengesetzt aus 37 cm³ deionisiertem
Wasser, 18,5 cm³ Weißwein und 18,5 cm³ 5%-igem Essig.
Weiters werden zugesetzt eine Prise (Spatelspitze) Alaun, eine Prise Salz
oder Salpeter und ein Konservierungsmitel. Letzteres besteht aus einer
Prise Salicylsäure, die in 0,5 cm³ Brennspiritus aufgelöst
und anschließend mit 1 bis 2 cm³ des Flüssigkeitsansatzes
oder destilliertem Wasser verdünnt wird. Dieses Vorgehen ist nötig,
da Salicylsäure in Wasser schlecht löslich ist. Die Verarbeitung
geschieht im Wesentlichen nach der von Rezeptur Nummer 1 wonach noch,
hoch gerechnet, 2,4 Gramm Gummi Arabicum gebraucht werden. Zum Schluss
reduzieren wir die Stoffmengen auf einen Ansatz von gesamt 30 cm³.
| Ausgangswert |
Faktor |
Zielwert |
| 74 |
0,4054
|
30 |
| Stoff |
Ausgangsmenge |
Zielmenge |
|
Tannin
|
0,5 |
0,20 |
| Gallussäure |
1,5 |
0,61 |
| Eisenvitriol |
2 |
0,81 |
| Gummi arabicum |
2,4 |
0,97 |
| Wasser |
37 |
15,00 |
| wein |
18,5 |
7,50 |
| Essig |
18,5 |
7,50
|
Den Inccalulator für EXCEL und Co. kann man hier
herunterladen.Auf die langen Zeiten für das Ausziehen der Galläpfel
kann durch die Fertigprodukte und Reinstoffe verzichtet werden. Lediglich
das Auflösen des Gummis und das anschließende Filtern nimmt
etwas mehr Zeit in Anspruch. Das Gummi Arabicum wird in heißer Flüssigkeit
aufgelöst und der Rest des Gesamtansatzesunter ständigem Rühren
zugesetzt. Zum Schluss wird filtriert. Bei der Zusammenführung der
Vitriol-Gummi-Lösung incl. der Spurenbestandteile und der Gerbsäurelösung
entsteht eine dunkle Flüssigkeit, die beim Auftrag durch eine Feder
auf dem Papier eine leicht graue Schrift hinterlässt.Auf eine Einfärbung
durch Azofarben kann man verzichten, da der Schriftzug gut zu erkennen
ist und alsbald in ein dunkles Schwarz umschlägt.
Anfängliche Versuchsansätze mit wesentlich weniger Gallussäure
und Tannin ergaben eine Tinte, die erst nach ca. 2 Wochen einen guten
Schwärzungsgrad erreichte. Für derartige Tinten ist eine andersartige,
zusätzliche Einfärbung unumgänglich, weil sonst der Schriftzug
beim Schreiben nur schwer zu erkennen ist.
4. Farbige Tinten
Als Grundlage dienen auch hier zum Teil historische Rezepturen. Es ist
möglich, den Farbauftrag mit Hilfe der unter dem Kapitel 5.2 Tintenkiller
angegebenen Rezepten, ganz oder teilweise zu entfernen. Darüber hinaus
sei darauf hingewiesen, dass die hier angeführten Farben allesamt
nicht sehr lichtecht sind.
4.1 Rote Tinte
In "Artliche
Künste weise Dinten und allerhand Farben zubereiten..., Erffurdt
1532" ist eine rote Farbe aus Presilgen Holz beschrieben. Gemeint
ist Rotholz (Lignum fernambuci), das aus Brasilien und Jamaika importiert
wird, Das Kernholz der Stämme enthält Brasilin, das durch Oxidation
an der Luft zu dem roten Farbstoff Brasilein umgewandelt wird. Der Name
Brasilholz stammt aus dem arabischen wo "braza" hellrot bedeutet.

Abb. 10: Geraspeltes Rotholz (Lignum fernambuci)
Jetzt zur Herstellung der roten Farbbrühe. Benötigt wird neben
2,5 g Rotholz 50 cm³ Kalkwasser und 1 g Gummi arabicum. Kalkwasser
erhält man, indem man etwas gelöschten Kalk mit Wasser übergießt
und einige Stunden stehen lässt bis sich der weiße Niederschlag
gesetzt hat. 50 ml der nun klaren Lösung wird vorsichtig in ein hitzefestes
Gefäß dekantiert. Nachdem das geraspelte Rotholz hinzugefügt
wurde wird der Ansatz erhitzt und 15 Minuten leicht unter dem Siedepunkt
gehalten. Die Flüssigkeit färbt sich rasch rot. Jetzt wird heiß
gefiltert, das Holz kann noch einmal mit wenig destilliertem Wasser aufgegossen
werden. In das Filtrat bringt man das zerkleinerte Gummi und rüht,
wieder auf der Heizplatte bis sich alles aufgelöst hat. Die Tinte
wird zum Test auf weißes Papier aufgetragen und gegebenenfalls so
lange weiter am Köcheln gehalten, bis der Farbton die gewünschte
Tiefe erreicht hat. abfüllen und gut verkorken.
Die so gewonnene Tinte ist von einem blaustichigem Rot. Ein hellerer
Farbton ergibt sich, wenn man statt des Kalkwassers destilliertes Wasser
verwendet. In der oben genannten Quelle wird in einem anderen Rezept Wein
als Ansatzflüssigkeit genommen. Das Ergebnis ist eine gelbe Farblösung.
Das liegt daran, dass Brasilein in sauerer Umgebung ins Gelbe umschlägt
und basisch einen violetten Ton annimmt. Man kann den reinen Rotholzauszug
also auch als Säure-Base-Indikator verwenden. Weitere Produktinformationen
findet man bei Kremer-Pigmente.
Da die Färbung mit Rotholzextrakt nicht sehr lichtecht ist, sollten
Schrift und Malereien nicht permanet hellem Licht ausgesetzt werden.
4.2 Blau-violette Farblösung
Mit dem Brasilin aus dem Rotholz ist das Hämatoxylin des Blauholzes
(lignum campeche), welches aus Mexico und weiteren Provenienzen stammt,
verwandt. Ähnlich wie beim Rotholz wird das Hämatoxylin durch
Kontakt mit Luftsauerstoff in Hämatein, den eigentlichen Farbstoff
umgewandelt. Letzterer ist besser wasserlöslich und kann durch Auskochen
der Kernholzspäne gewonnen werden.

Abb. 11: Blauholzspäne
Zur Zubereitung werden 2,5 g Blauholz werden in 50 cm³ destilliertem
Wasser eingeweicht und 20 bis 30 Minuten knapp unter dem Siedpunkt gehalten.
Danach wird heiß abgefiltert und evtl. Spuren von Alaun zugesetzt,
was den Farbton mehr ins Blaue zieht. Als Bindemittel kann dem Filtrat
1g Gummi arabicum zugeseztzt werden. Nach erneutem Erhitzen der Lösung
wird gerührt bis alles aufgelöst ist, abfüllen, verkorken.

Abb. 12: Farbmuster mit verschiedenen Ansätzen von Blau- und Rotholz
bei unterschiedlicher Auftragsstärke
4.3 Gelb
Für eine pflanzliche gelbe Farbe werden reife
Kreuzdornbeeren im Mörser zerkleinert und mit destilliertem Wasser
angesetzt. Mit etwas Alaun versetzt bleibt der Ansatz ca. 36 Stunden an
einem warmen Ort. Danach wird abfiltriert und gut verschlossen aufbewahrt.

Abb. 13: Reife Kreuzdornbeeren

Abb. 14: Schnell mal eine Miniatur mit den drei Farbansätzen gelb-rot-blau
und dem "J" in Eisen-Gallus-Tinte ausgeführt
4.4 Grün
An einem brauchbaren Rezept füt grüne Tinte wird noch geforscht.
4.5 Drachenblut
Drachenblut (Dracaena cinnabari) ist das Harz des Drachenblutbaums, der
auf der Insel Socotra - nahe dem Horn von Afrika - beheimatet ist. Das
Harz ist rötlich braun gefärbt und kann in Alkohol (Spiritus)
gelöst werden. Ein Ansatz aus 2g Harz und 20 cm³ Ethanol ergibt
eine Flüssigkeit, die mit Pinsel oder Feder aufgetragen werden kann.
Allerdings hat diese "Tinte", die man besser als Lack bezeichnen
kann, die Eigenschaft, gleich in das Papier einzudringen. Es bleibt also
nur ganz wenig an der Oberfläche stehen, was dazu führt, dass
mehrmals aufgetragene Flüssigkeit den Farbton nicht wesentlich verstärkt,
wie das beim wässrigen Extrakt von Rotholz oder Blauholz der Fall
ist. Dazu kommt, dass die Lösung auf die Rückseite des Papiers
durchschlägt.
5. Tintenkiller
Tintenkiller töten selten Schriftzüge sondern machen sie meist
nur unsichtbar. Für Eisen-Gallustinten kann nicht einmal von einem
Unsichtbarmachen ausgegangen werden sondern allenfalls von einer Abschwächung
der Schwärzung. Im historischen Rahmen wird von dieser Maßnahme
Gebrauch gemacht, wenn es darum geht, Dokumente, die mit Druckerschwärze
auf Rußbasis hergestellt und mit Eisen-Gallustinte bis zur Unkennlichkeit
überschrieben wurden, wieder lesbar zu machen. Ansonsten garantiert
die Eisen-Gallus-Tinte Unauslöschlichkeit und damit die Eigenschaft,
dokumentenecht zu sein.
5.1 Abschwächer für Eisen-Gallus-Tinten
Eigene Versuche haben folgende Ergebnisse gebracht:
Das Überstreichen der Schrift mit einer alkalischen Wasserstoffperoxidlösung
verfärbt den Tintenauftrag zu leichten, transparenten Brauntönen.
Die Schrift bleibt dennoch gut erkennbar stehen.

Abb. 15: Abschwächung mittels 10%-iger Wasserstoffperoxidlösung,
die mit etwas NaOH alkalisch eingestellt wurde
Der Einsatz von Vanish Bleich- und Entfärbemitteln brachte ein Ergebnis
von nahezu Null.

Abb. 16: Fast ohne Bleichergebnis blieb der Einsatz von Vanish Entfärbern
Ein überraschendes Ergebnis brachte der Einsatz einer Oxalsäurelösung,
was aber auch nur zu einer Aufhellung aber nicht zum Unsichtbarmachen
des Tintenauftrags reichte.

Abb. 17: Bleichen mit Oxalsäurelösung
5.2 Heutige Tintenkiller
Was heute unter Tintenkiller gehandelt wird, wirkt nur auf die synthetischen
Tintenfarbstoffe wie sie in den Tintenpatronen für Füllfederhalter
enthalten ist. Allerdings wird hier, wie oben bereits erwähnt, die
Farbe nicht entfernt, sondern lediglich chemisch in eine auf weißem
Papier nicht erkennbare Form übergeführt. Folgender Ansatz erfüllt
diesen Zweck
Der synthetische blaue Farbstoff der Schülertinte bildet flache
Moleküle, die aufgrund ihrer Elektronenstruktur Licht bestimmter
Wellenlängen absorbieren und den Rest, im blauen Bereich, reflektieren.
Die Geometrie der Moleküle kann man durch Salze schwacher Säuren
(Sulfite und Carbonate) verändern und damit die Absorption von Teilen
des Lichtspektrums verhindern. Da nun alles Licht von allen Stellen auf
dem Papier in gleicher Weise reflektiert wird, scheint die Schrift verschwunden
zu sein. Die Farbstoffmoleküle befinden sich aber, wenn gleich in
etwas veränderter Form, noch in den Papierfasern. Plättet man
die Farbstoffmoleküle wieder, dann wird auch die Schrift wieder sichtbar
- zumindest teilweise bei einer Killersubstanz. Darüber hinaus ändert
sich der Farbton der "gelöschten" Schrift leicht ins bräunliche,
wenn man das Papier mit einem Heißluftgebläse (Föhn) behandelt.
Meine Untersuchungen habe ich in einer Tabelle bildlich zusammengestellt.

Abb. 18: Königsblaue Schülertinte mit verschiedenen "Tintenkiller-Substanzen"
behandelt. Ganz oben zusätzlich mit Wasserstoffperoxid, Mitte mit
den angegebenen Substanzen, unten die Namen der in 6 cm³ Wasser gelösten
Substanzen ( je 0,5 g bis 0,7 g)
Grundsätzlich ist bei allen Killereffekten zu bemerken, dass nirgends
eine 100%-ige Entfärbung stattfindet, sondern immer ein leicht rosaner
Schleier zurückbleibt, was in der Abbildung nicht eindeutig zu Tage
tritt.
Die Wasserstoffperoxid-Lösung wurde 30%-ig verwendet. Die gelöste
Stoffmenge betrug bei Na-Thiosulfat, Na-Bisulfit und Heitmann Powerentfärber
jeweils ca. 0,7g, bei den anderen Lösungen ca.0,5g auf je 6 cm³
destilliertes Wasser.
Von links nach rechts:
Das Bleichmittel Wasserstoffperoxid (30%-ig) alleine vermag den Farbton
der blauen Tinte zwar aufzuhellen aber es gelingt nicht, ein reines Weiß
zu produzieren.
Soda oder Natriumcarbonat alleine wandelt den Blauton leicht ins Violette,
kann aber erst durch Überstreichen mit Wassersoffperoxid (30%-ig)
annähernd das Weiß des Papieruntergrunds reproduzieren.
Natriumthiosulfat liefert sehr zweifelhafte Ergebnisse. Ganz oben zusätzlich
mit Oxalsäure und Wasserstoffperoxid, darunter nur mit Wasserstoffperoxid
und untere Hälfte nur Natriumthiosulfat.
Kaliumcarbonat, bekannt unter der Bezeichnung Pottasche erzeugt eine
Verfärbung ins Violette und bringt zusammen mit Wasserstoffperoxid
eine nahezu perfekte Entfärbung.
Ammoniumcarbonat, gehandelt unter der Bezeichnung Hirschhornsalz, bringt
alleine eine ganz leichte Aufhellung (evtl. bedingt durch Farbabtrag durch
den Wattebausch beim Überstreichen). Erst durch zusatz von Wasserstoffperoxid
verbleicht der Tintenauftrag.
Oxalsäure vermag selbst durch nachträgliches Überstreichen
mit Wasserstoffperoxid den blauen Farbstoff nicht vollständig zu
vernichten.
Wird Natriumbisulfit in Wasser gelöst entsteht Natriumhydrogensulfit,
ein starkes Reduktions- und Entfärbungsmittel. Die blaue Tinte wird
beim Überstreichen sofort "gebleicht", der Untergrund kommt
fast verlustlos durch. Beim Übertupfen mit Wasserstoffperoxid (obere
Hälfte der Farbfläche) kommt ein Teil der Blaufärbung dezent
zurück.
Der "Heitmann Powerentfärber intensiv" erledigt die Arbeit
wirklich (fast) perfekt. Die Entfärbung findet beim Überstreichen
sofort mit einem leichten, remanenten Schleier statt. Auch ein Überstreichen
mit Wasserstoffperoxid kann daran nicht viel ändern.
Fazit:
Für Schüler: Wenn der Tintenkillerstift nichts mehr
hergibt, dann fülle ihn mit einer Lösung von Heitmann Powerentfärber
intensiv. Das hat zusätzlich den Vorteil, dass gelöschte Schrift
nur noch ganz andeutungsweise rekonstruierbar ist.
Für Lehrer: Versucht doch zum Wiederherstellen der mit Tintenkiller
gelöschten Stellen, diese mit Wasserstoffperoxid vorsichtig zu überpinseln.
Vielleicht könnt ihr den verborgenen Text dann doch wieder (für
kurze Zeit) entziffern.
Die hier untersuchte blaue Tinte (von Herlitz) ließ sich mit Carbonaten
in Verbindung mit Wasserstoffperoxid fast perfekt löschen. Das kann
bei anderen Produkten natürlich unter Umständen anders aussehen.
Entsprechende eigene Untersuchungen werden hiermit ausdrücklich empfohlen.
Die Farbwirkung der farbigen Tinten aus dem Kapitel 4 kann mit den hier
beschriebenen Mitteln reduziert oder entfernt werden.
6. Historische Geheimtinte
Es steht so in "Artliche
Künste weise Dinten und allerhand Farben zubereiten..., Erffurdt
1532"

Die Idee, das Zweikomponentensystem der Eisen-Gallus-Tinten für
Geheimbotschaften zu verwenden hatte auch schon der Autor des oben zitierten
Büchleins. Dazu schreibt er mit einer Eisenvitriollösung und
lässt eintrocknen. Sofern das Papier keine Gerbstoffe enthält,
kann man die Schrift auf einer unruhigen Oberfläche nicht erkennen.
Der Empfänger kann die Schrift sichtnar machen, wenn er einen Galläpfelauszug
mit einem weichen Schwamm oder Küchentuch auf die Papieroberfläche
aufbringt.
Ich war erstanut, als ich diese Rezeptur fand, denn ich hatte vor einem
halben Jahr die Artikel über Geheimschriften
verfasst und mir dabei ein ähnliches Verfahren überlegt. Mein
Vorgehen war aus gutem Grund umgekehrt. Die Schrift wird mit Galläpfellösung
auf das leicht gelbe Papier gebracht. Dabei spielt es keine Rolle ob das
Papier Gerbstoff enthält, es kann keine Verfärbung eintreten.
Zum Lesbarmachen der Schrift wird Eisenvitriollösung aufgebracht.
Ein Weiteres ist bei der Recherche aufgefallen.
Das oben zitierte Werk sehe ich als Vorlage für ein weiteres Buch.
Abgeschrieben hat man offenbar auch schon zu jener Zeit, denn 1562 erschien
ein Buch zum Thema Farben und Tinten, "Jlluminierbuch
künstlich alle Farben zumachen vnd zu bereiten..., Boltz von Ruffach,
1562" in dem unverkennbar die Rezepturen aus dem erstzitierten
Buch übernommen sind. Das zweite Werk ist übrigens als Neudruck
bei
Kremer erhältlich. "On dinten zu schreiben" findet
sich in der Onlineausgabe der Unibibliothek Heidelberg auf Seite 132 "Von
schwarzer Geschrift".

  
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