Blick in eine andere Welt - Bau und Einsatz einer Infrarot-Kamera

 


Wie kommt man auf so eine Idee?

Anlass für diese Untersuchung war eine Idee, die ich vor ca. 3 Jahren hatte, als ich gerade dabei war den Lösungsband für ein Physikbuch zu schreiben. Da ging es um die Eigenschaften von IR-Strahlung, die man standardmäßig mit Thermosäulen und einem nachgeschalteten empfindlichen Anzeigeverstärker nachweisen konnte. Mir fiel meine Panasonic NV-DS30 ein, die eine "Null-Lux"-Einrichtung besitzt.Durch Umlegen eines Schalters wird ein IR-Scheinwerfer eingeschaltet, wodurch man selbst in einem stockdunklen Raum noch brauchbare (Schwarz-Weiß-) Aufnahmen machen kann.
Wenn die Kamera IR-empfindlich ist, dann müsste man doch damit auch das IR-Licht aufzeichnen können, das zum Beispiel von heißen aber trotzdem noch nicht glühenden Gegenständen ausgeht. Also flugs den Lötkolben aufgeheizt, den IR-Scheinwerfer der Kamera gut zugeklebt und auf Aufnahme geschaltet - in "null-Lux"-Stellung stelbstverständlich und natürlich im abgedunkelten Raum.
Tatsache - die Lötspitze erschien weiß strahlend auf dem Monitor. Mit dieser Bestätigung meiner Annahmen gab ich mich zufrieden, bis ich vor einigen Monaten erneut das Thema aufgriff.

Der Hintergrund

Jede Webcam hat als Auge einen CCD-Chip (Charge coupled device). Diese Chips besitzen neben der Eigenschaft sichtbares Licht in Ladungsverschiebungen (= Spannungen) umzusetzen auch die Fähigkeit, infrarotes Licht wahrzunehmen. Der Anteil von IR-Licht am Tageslicht beträgt etwa 40%, der von Glühlampenlicht sogar um die 90%. Der Anteil des elektromagnetischen Spektrums in dem unsere Augen agieren und den wir als sichtbares Licht bezeichnen liegt im Wellenlängenbereich von 380 nm (violett) bis 750 nm (rot) darauf folgt bis 1000 nm = 1µm der Bereich, den wir Infrarotlicht nennen.

Das Diagramm macht sehr deutlich, dass ein großer Teil der Empfindlichkeit einer CCD-Kamera in den Bereich des infraroten Spektrums fällt. Weil Strahlung aus diesem Bereich das aufgenommene Bild unscharf macht (IR-Strahlung wird durch die Linsen der Optik anders gebündelt) und darüber hinaus den Kontrast und die Farbwiedergabe verschlechtert, muss zur Vermeidung einer Qualitätsverschlechterung der Bilder in den Strahlengang ein Filter eingebaut werden, das den IR-Anteil herausfiltert, also nicht zum Chip durchlässt. Dieses Filter wird hier fortan IR-Filter genannt.

Ein Filter, das das normale sichtbare Licht daran hindert, durch die Optik zum Chip vorzudringen, das also das Tageslicht zurückhält, nenne ich im Weiteren Tageslichtfilter.

Die Kunst, eine Webkamera in eine IR-Kamera umzubauen, besteht nun einfach darin, das IR-Filter zu entfernen und durch ein Tageslichtfilter zu ersetzen. Eine Nachfrage beim Fotohändler brachte schnelle Ernüchterung, weil fotografische Filter aus diesem Bereich schweineteuer sind - um die 80 - 100 Euronen). Es musste Ersatz her. Der fand sich in unbelichtetem Diafilm-Material. Für sichtbares Licht absolut undurchlässig zeigte sich sogar eine dreilagige Filmschicht als voll IR-transparent.

Der Umbau

 

Der Garantieanspruch erlischt mit dem Öffnen der Kamera!
Daher ist es sinnvoll, die Kamera vorher auf die grundsätzliche Funktion zu testen!

Nach dem teils gewaltsamen Öffnen des Gehäuses, weil an einer Stelle verklebt, musste die Platine durch lösen von 4 Schrauben (rote Pfeile) aus der vorderen Schale des Gehäuses entfernt werden, damit ich an die Optik herankam. Die grünen Pfeile zeigen auf die beiden Schrauben, mit der die Optik auf der Platine befestigt ist.

Das Platinchen ist herausgenommen.
Nach dem Entfernen der Optik tritt der CCD-Chip zutage.
Auf der Rückseite der Optik ist das IR-Filter zu erkennen, das an den Ecken in das Gehäuse geklebt ist.
Ich habe das IR-Filter mit einer spitzen Pinzette herausgehebelt. Links im Bild liegt der Diafilm bereit zum Zuschneiden.
Mit einem Cuttermesser habe ich drei Filmstückchen in der Größe des IR-Filters zugeschnitten. Drei, um sicher zu gehen, dass kein sichtbares Licht durchkommt.
Mit der Pinzette in den Filterhalter der Optik gelegt, wurde der Tageslichtfiltersatz anschließend durch ein Stück Draht als Tupfer vorsichtig mit je einem Tropfen Plastik-Modellbau-Kleber an den Ecken versehen. Die drei Filmstückchen habe ich mit einem Wattestäbchen angedrückt, um sie kompakt zu halten. Vorsicht: keinen Klebstoff auf den Tagelichtfilter bringen und die Oberfläche nicht verkratzen. Staubfrei arbeiten!
  Der Zusammenbau der Kamera erfolgt genau umgekehrt wie das Zerlegen. Aufpassen, dass zum Schluss die Platine richtig herum in das Gehäuse gesetzt wird, sonst steht hernach alles auf dem Kopf.
  Die Kamera ist nun auch im Tageslicht nur noch IR-empfindlich.

Die Anwendung - Versuche mit verstecktem Licht

Die Versuche erstrecken sich auf die Erzeugung von IR-Strahlung durch Wärmequellen wie Lötkolben, elektrische Heizplatte und Glühlampen. Ferner wird gezeigt, dass die Intensität der Strahlung zunimmt, je heißer die Quelle ist. Auch mit dabei ist das Durchdringungsvermögen der Wärmestrahlung von Glas und eine normalerweise grüne Wiese. Dabei vergleiche ich, soweit das sinnvoll ist, den Bildinhalt im IR-Licht jeweils mit dem gleichen Szenarium in Glühlampenlicht oder dem Ergebnis, das ich mit dem Brüderchen meiner IR-Kamera, dem gleichen Modell nur ohne Eingriffe, bei Umgebungslicht gemacht habe.

Fangen wir mit dem verblüffenden Effekt an, dass mein TFT-Monitor, auf dem ich eben diese Abhandlung schreibe, mit der Originalkamera einen ganz normalen Bildinhalt zeigt (links), während man beim rechten Foto den Eindruck hat, der Monitor sei nicht in Betrieb. Dieses rechte Foto wurde mit der IR-Kamera gemacht.

Folgerung, TFT-Monitore senden kein IR aus. Das Gleiche gilt für Leuchtdioden (LEDs) und Laser(-dioden). Auch das Licht von Leuchtstoffröhren wird von der IR-Kamera nicht wahrgenommen.

Das Violett-Rot des mittleren Buchrückens erscheint bei Tageslicht relativ dunkel. Im IR sieht das ganz anders aus. Die Reflexion infraroten Lichts ist deutich höher wie die des sichtbaren Anteils. Die Absorption von IR-Licht scheint auch bei den schwarzen Farben eher zurückhaltend zu sein, wie die Grautöne vermuten lassen.

Im linken Bild braucht man erst gar nicht versuchen, etwas zu erkennen. Dabei hatte ich nicht einmal bei Dunkelheit gearbeitet, sondern sowohl meine Scheibtischlampe mit Energiesparleuchte und die Leuchtstoffröhre der indirekten Beleuchtung eingeschaltet. Die Fernsteuerung konnte nicht abgelichtet werden, weil beide Lichtquellen offenbar kein IR-Licht abgeben. Erst beim Einschalten der Glühlampe wird die Fernsteuerung für die IR-Kamera sichtbar.

 

Die Fernsteuerung leuchtet kräftig im IR obwohl man das selber nicht sehen kann. Die IR-Kamera macht die Überprüfung von Fernsteuerungen möglich sogar bei Glühlampen-Umgebungs-Licht.
Die Spitze meines alten Löskolbens im Glühlampenlicht mit der IR-Kamera aufgenommen.

Links die noch recht kühle Spitze, rechts bereits kräftig heiß. Im rechten Bild wurde ein verzinntes Blech unter die Kolbenspitze gelegt. Die IR-Strahlung wird daran reflektiert. Die dunklere matte Tischplatte links und rechts neben dem Blechstreifen reflektiert nichts.

Helle glänzende Fläche reflektieren IR-Strahlung, dunkle Flächen nicht. Wobei allerdings dunkel im sichtbaren Bereich nicht gleich dunkel im IR-Bereich heißen muss.

Über die Spitze wurde zur Hälfte eine Tageslicht-Filterglasscheibe gelegt. Sie zeigt eine deutliche Absorption in diesem Bereich. Die von der Lötspitze abgegebene Strahlung liegt offenbar nicht exakt im Durchlassbereich des Filters.

IR-Strahlung hat, wie sichtbares Licht; offenbar verschiedene Wellenlängenbereiche.

Die Lötspitze hat an einer Seite einen Spalt, der die Montage erleichern soll. Durch diesen Spalt sieht man das Heizelement. Was ohne Zusatzbeleuchtung (rechts) ganz normal ist, dass nämlich das Heizelement heller erscheint, weil es ja heißer sein muss, ist im linken Bild verblüffend. Auch bei Glühlampenlicht erscheint das Heizelement heller obwohl es nicht glüht, also kein sichtbares Licht abgibt.

Eine normale 5mm dicke Glasplatte liegt über der Lötspitze. Sowohl im sichtbaren, wie auch im IR verschiebt die Glasplatte das hindurchgehende Licht parallel (Wirkung einer planparallelen Platte).

IR Strahlung ist also optisch ablenkbar.

IR-Strahlung kann Glas durchdringen.

Eine kleine Herdplatte wurde zur Hälfte schwarz lackiert und die andere Hälfte mit Silberbronze bepinselt.



Die Platte wird langsam aufgeheizt. Jetzt erscheint stets die geschwärzte linke Seite heller.

Dunkle Körper strahlen mehr Wärme ab, als helle Oberflächen von gleicher Temperatur.

Auch hier zeigt die Glasplatte über der sehr heißen aber noch nicht glühenden Herdplatte, dass Wärmestrahlung Glas durchdringen kann.
Die Glasplatte wird als Spiegel benutzt, der die unter 45° einfallende IR-Strahlung in die Kamera reflektiert. Das Bild ist dunkler, ein Teil der Strahlung geht also offenbar durch das Glas hindurch.
Das Wetter ist mies, der gesamte Himmel ist von Wolken bedeckt. Dennoch reflektiert Nachbars Wiese jede Menge IR, ebenso die grünen Büsche. Die weiße Hauswand kann da nicht mithalten.
Der untere Teil des Gerätestapels liefert im sichtbaren Licht nicht sehr viele Details. Interessant ist, dass die schwarze Front des unteren Geräts jede Menge IR reflektiert. Im sichtbaren Licht schwarze Körper sind also nicht zwingend auch im IR-Breich schwarz.

Weitere Versuch mit Glühwendeln von Glühlampen und mit Wärmeschutzfolie folgen - irgendwann. Interessant wäre auch die Wellenlängenbestimmung einer IR-LED.